Regina Pichler
Hihihi Cool
Gaußstraße 190
22765 Hamburg
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Julia Steinigeweg
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Nikolai Dobreff
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Hi. Ich bin Regina. Ich slamme Poetry. Das ist laut, bunt und lustig. Dafür stehe ich mit meinem Namen auf der Bühne. I love you.
Presse
Regina Pichler wurde als Tochter einer Polin und eines Österreichers 1979 überraschend schnell in Graz geboren. Nach dem Studium der Sprachwissenschaften arbeitete sie als Golfreiseberaterin, verkaufte Torten, machte eine Weltreise, bewarb sich als Chefsekretärin am Wiener Landeskrankenhaus und markierte in einer Werbeagentur Excel-Felder bunt. Weil Regina vieles nicht kann – aber sehr gut schreiben – tauschte sie 2003 dann Schuhplattler gegen Platt und arbeitet seit dem in Hamburg erfolgreich als freie Werbetexterin. Seit 2017 liest Regina auf Poetry Slam Bühnen. Auch erfolgreich. Die Themen ihrer Texte kommen direkt aus dem Leben: Warum nerven Yogamattenmädchen? Was passiert nach dem Happy End eines Rosamunde Pilcher-Films? Wer ist Georg Mödlinger und gibt es ihre Matka wirklich? Was sind die Risiken von Home-Office und wie geht das tägliche „Data unser“? Antworten geben Reginas Texte. Und wenn auch sie nicht mehr weiter weiß, sagt die Österreicherin in ihr „Schauen wir mal – dann werden wir schon sehen.“
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TEXT-PROBE
Herausforderungen der Liebe
Garret McNeil öffnet die Augen und kann es nicht glauben: seine große Liebe liegt tatsächlich noch immer neben ihm und schnarcht. Er hat Deborah Walker, die gut aussehende Tierärztin von Weltformat, vor einem Jahr geheiratet. Direkt an den Klippen Cornwalls.
Zärtlich streicht er Deborah eine Strähne aus dem Gesicht, beugt sich zu ihr und raunt „Guten Morgen …“ Die Tierärztin erblickt sein Gesicht, lächelt verschlafen und murmelt „Verpiss dich.“ Von ihrem stechenden Atem beschwingt, steht Garret, der intelligente wie emphatische Anwalt der Armen, schwungvoll aus dem Bett auf und wirft sich einen seidenen Kimono über seinen maskulin-gestählten Traumkörper.
Deborah ruft ihm amüsiert nach: „Hast du als Zweitwohnsitz deinen Gym angegeben?“ Aus der Küche dröhnt Garrets sympathisches Lachen, in das sich Deborah damals verliebt hatte. Sie steht auf, fährt sich mit der Hand über ihre blondierten Spitzen, pustet sich den Pony aus dem Gesicht und schlurft zu ihm in die modern-edel eingerichtete Küche. Auf dem Esstisch steht – wie jeden Tag – eine Schale mit Weintrauben und einer einzelnen Banane und eine einzelne Rose in einer Vase, durch die man ihren Mann in der Unschärfe sieht. Dazu spielt leise, romantische Musik. Woher diese Musik immer kommt, denkt sich Deborah.
„Was möchtest du frühstücken? Soll ich dir ein Low Carb Müsli mixen?“ fragt Garret, zieht seine Frau zu sich und umfasst dabei prüfend ihre teigigen Hüften. „Den Bio-Fraß kannst du für dich behalten“, ruft sie lachend und wirft sich mit Schwung auf das Sofa im angrenzenden Wohnzimmer. Er lacht wieder sein sympathisches Lachen und setzt sich mit einer Schale Müsli zu ihr.
„Schön, dass du schon wach bist“, sagt Garret zu Deborah und blickt ihr tief in die Augen. „Denn dann kannst du ja deine geschnittenen Fußnägel in der Badewanne entfernen, die du gestern vergessen hast.“ Er küsst sie herzhaft auf die Wange. Deborah knufft ihn zärtlich in seine Seite und antwortet ihm: „Solange du ausnahmslos jeden Abend ranwillst, gibt’s mal gar nichts.“
Beide lachen herzlich und gehen gemeinsam auf die Terrasse, von der sie auf das Anwesen blicken. Deborah schmiegt sich zärtlich an ihren Mann und drückt ihm dabei die perfekt manikürten Finger fest in die Rippen, so dass er aufjault. Sie blicken sich lange an. Garret seufzt, „Du warst bei unserer Hochzeit so schön“. Sie küssen sich lange, bis Deborah die Luft wegbleibt, weil Garret sie leicht am Hals würgt. Sie ringt um Atem und deutet auf ein hübsches Hirschpaar in der Ferne. „Sieh nur, ein hübsches Hirschpaar in der Ferne!“. „Ja“, haucht Garret und zieht seine geliebte Frau wieder zurück in die Küche, da da das Licht besser auf sein markantes Gesicht trifft.
Er spielt auf seinem iPhone herum. „Schatz, wollen wir heute Abend zu Ricardo, schick essen gehen? Der Besitzer fragt bereits, wo wir stecken.“ schlägt Garret gutgelaunt vor. Deborah überlegt, riecht an ihrer eigenen Achsel und fragt neckisch „Ist das der fiese Laden an der Kreuzung, in dem die Dorfnutten sitzen?“ Sie fischt sich lässig ein Stück Obst aus der Schüssel und weidet die Banane mit lauten Schmatzgeräuschen. Garret blickt sie lange und zärtlich an. Wie sehr er sie doch liebt, denkt er und wirft ihr von Weitem eine gerollte Zeitung an den Kopf. „Aua!“ schreit Deborah, beide lachen wieder. Sehr sympathisch, sehr laut und sehr lange.
„Ricardo ist einfach der beste Italiener von ganz Cornwall“, erklärt Garret nachsichtig und schaut auf seine wahnsinnig teure Armbanduhr: „Liebes, es ist schon spät, ich muss in die Kanzlei“. Deborah liest inzwischen in der Zeitung und hebt eine Po-Backe vom Stuhl, um laut Luft entweichen zu lassen. Sie hebt ihren Blick, und blickt Garret an. Sie blicken einander jetzt sehr zärtlich an. Wie sehr sie ihn doch liebt, denkt sie, und denkt weiter, warum er nicht einfach verschwindet und sie einfach in Ruhe lässt. Während sie einander anblicken, wird die Musik noch lauter.
Langsam geht sie auf ihn zu. Ihre blonden Haare stehen wie ein lichtdurchfluteter Kranz von ihrem Kopf ab, was ihrer Erscheinung etwas engelsgleiches gibt. Garret umarmt sie und hebt sie ein wenig hoch, bis ihre dicken Beine in der Luft strampeln. „Lass mich los du Arsch“, wispert Deborah ihrem Mann verführerisch ins Ohr. Garret lacht leise sein wahnsinnig sympathisches Lachen und wünschte sich, sie würde heute Abend nicht mehr da sein, wenn er von der Arbeit nach Hause kommt. Und wo zur Hölle kommt diese romantische Klarviermusik Musik her?
Deborah steht im Türrahmen der Eingangstür und hat sich Garrets übergroßes weißes Hemd übergeworfen, das sie komplett ausfüllt. Sie lächelt ihm zu, als er in sein weißes Cabrio steigt und winkt ihm so lange mit ausgestrecktem Mittelfinger nach, bis ihr Prinz im weißen Schimmel hinter der Hecke verschwunden ist. Sie seufzt. So glücklich war sie schon lange nicht mehr. Endlich sind die beiden angekommen. Dort, wo sie schon immer sein wollten. Angekommen im komplett normalen Scheiß-Alltag.
TEXT-PROBE
Land der Alptraeume
Du liebes Land. Deine Nationalhymne beginnt mit „Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome“. Und ich singe weiter „Land der Wiener, Land der Wienerinnern, ich lieb dich, du Land der unfreundlichen Kellner und ebenso gemein dreinschauenden Schnitzel mit Gurkensalat.“ Ich lieb dich, du Österreich-Wien. Du Land, in dem alle miteinander Kette rauchen.
Du Land, in dem eine Treppe “Stiege” heißt, weil man ja raufsteigt zu seiner charmanten-schimmligen Altbauwohnung, in der immer ein grantiger Thomas Bernhard wohnt und einen mit den bellenden Worten: „Na endlich! Hast Wurst eingekauft?“ begrüßt. Du Land des Gulaschs, das brüllend heiß von einem mundfaulen Kellner serviert wird. Selbst im Teller kochst du noch weiter, aber das ist super – denn dann braucht man erst drei bis vier Gläser Wein, bis man es – stilecht komplett besoffen – schlürfen kann. Du Land der Berge, in dem die Semmeln meterhoch wachsen, die Semmeln, die weggehen wie warme Semmeln. Ich lieb dich, du Land der Leberkässemmeln, die so laut krachen müssen, denn das Echo der Semmelkracher überträgt sich über die Dörfer und Strome und Äcker! Bis alle wissen es, DAS SCHMECKT DEM JOSEF JETZT RICHTIG GUT, ICH FREU MICH MIT, DASS DER JOSEF WAS KRACHENDES ISST.
Du Land des Burghteaters und du Land des „Drauf gschissen, ihr intellektuellen Arschlöcher und Theater-Fuzzis“. Das ganze Ensemble des Burgtheaters könnte im Café neben einem sitzen und als Wiener würde man nur sagen: NIX. NIX WÜRDE MAN SAGEN, weil es uns wurscht ist, dass sie da sitzen. Jemanden professionell zu ignorieren ist ein Hauptfach am Gymnasium, du Land der großen Wurschtigkeit.
Du großes, schönes Land der schlimmsten Schimpfwörter. Ein ganzes Land schimpft – aber nicht laut, nein, nein, das wäre peinlich! Nur für sich, ganz leise, in den alten, muffigen Pullunder der Tante Gerti rein flüstert man „Dummer Sauhund“, „blöde Kuh", „du depperter Oasch“, und weil das ganze Schimpfen irgendwo hin muss und nicht raus darf, bleibt es im Gesicht hängen! Ach du Land der hängenden Mundwinkel und schlaffen Wangen. Du Land der Handküsse. Die man bekommt, ob man will oder nicht. Die Hand wegzuziehen intensiviert die Absichten nur noch!
Ich liebe dich, du Land der alten Leute, die mit dem Gehstock auf eine Gruppe Schulkinder zeigen und brüllen: „Vergiften sollte ma euch alle, und die Tauben dazu“. Wie sie sich hinsetzen und Torte bestellen, über Krankheiten reden, richtig laut und mit allen Details! Das lieb ich! ich lieb’s so sehr dass ich mir noch eine dritte Melange bestelle. Und als ich einen Moment nicht hinschaue, steigt Falco in meine Melange! Hä? Wie bitte? Erst nur mit den Zehenspitzen, aber es ist ja warm. Warme Milch und heißer Kaffee. Falco trainiert in meiner Melange – mitten in Wien! – Rückenschwimmen, ja merkt denn das keiner außer mir? Was ist da los? Scheiße! Echt Wiener Hundescheiße! Ich bin in einem Touristen-Klischee gefangen! Und das nur, weil ich mich eben so in Rage geschwärmt habe? Unfair! Seids ihr deppert? Aber irgendwie ist es gerade auch sehr schön … na gut. Ich summe „Amadeus, Amadeus – Amadeus, Amadeus“ und ein Kellner kommt angeflogen und deutet mit einem stillen Fingerzeig auf einen Leichenzug, der am Fenster vorbeizieht. Und mein Herz zieht gleich mit! So schön schaut sie aus, die Leich, ganz wunderschön ist sie. Auch toll angezogen! Wer das wohl ist? Das ganze Cafépublikum dreht sich zu mir um und schmettert mir wie in einem Musical „NA DIE SISSI“ entgegen und ich rufe nur „FRANZ! FRANZL“ und ein neuer Kellner kommt und lächelt: „Was darfs denn sein, die Dame, vielleicht einen Apfelstrudel, warm aus dem Ofen?“ Ich nicke und er bringt mir schon 45 Minuten später fast genau das, was ich bestellt habe. Ich schiebe meine Sachertorte weg. Jetzt nicht, bitte.
Mein liebes Wien, ich bin gefangen in dir! Kann ich da mal bitte raus? Bitte, wäre echt wichtig, ich bin grad in meinem Text! Aber alles dreht sich, alles Walzer, ich bin schon mitten im Opernball und mein Hirn windet sich um sich selbst und verknotet sich kunstvoll zu einer Zopffrisuren wie die Mädchen aus den Heimatfilmen mit Hans Moser – dem Synonym für humoristischen Mundgeruch-Pessimismus.
Du Wien du, was ist da los, warum sehe ich alles so verzehrt, das ist ja alles sehr komisch. Aber am lustigsten – und ja ich lache laut darüber – ist gerade, dass draußen sehe, dass Sigmund Freud von der Polizei verhaftet wird, weil er auf die gegenüberliegende Hausmauer einen RIESIGEN Pimmel gesprayt hat. Und ich höre Sigmund rufen: „Fassen Sie mich nicht an, weil das sag ich alles meiner Mama“ und die Polizisten lachen laut. Oh Gott.
Ich laufe aus dem Café und die Gäste stehen auf und klatschen. Ich sehe noch, wie die Wiener Philharmoniker mir ihre Cello-Bögen hinterher schießen.
Ich laufe an zwanzig staubigen Cafés vorbei. Und in jedem sitzen berühmte Autoren, von denen noch nie jemand etwas gelesen hat. Weil sie bis jetzt immer nur Zeitung gelesen und kein Wort geschrieben haben! Hier eine Tür, schnell rein da. Wo auch immer es hingeht! Ok ein Schild. Hier lang zur Bühne. Ich halte mich an diesem Blatt Papier fest und schaue ins Publikum. Gut, alles wie vorher. Alle sitzen noch da und schauen mich an.
Ich suche die Textstelle, über die ich in meinen Alptraum gestolpert bin und schreibe als letzten Satz: “Du Land der großen Söhne, der großen Töchter, du Alptraum. Ich lieb dich – denn du hast das größte Arschloch weit und breit”.
TEXT-PROBE
Yogamatten
maedchen.
Ich reg mich ja so oft auf. Über alles Mögliche! In letzter Zeit rege ich mich über diese perfekten Mädchen auf, die ich morgens auf der Straße sehe. Die Yogamattenmädchen. Die Mädchen mit Yogamatte. Und perfekten Haaren. Meine Freunde sagen: „Ach komm. Du willst doch gar nicht ein perfektes Yogamattenmädchen sein!“ Und ich sage: „Doch! Wäre ich gerne!! Ja-ha!!! Das ist nämlich super! Einmal pro Woche möchte ich so sein!! Grazil. Schön! Sanft!“
Und dann rege ich mich wieder auf. Die Yogamattenmädchen regen sich nie auf. Die sind immer sanft und lächeln. Die Zähne perlweiß, lachen sie ihr glockenhelles Lachen und sagen Sachen wie „Ach reg dich nicht auf. Bleib entspannt!“
Ja es ist ja auch einfach, entspannt zu sein, wenn man so aussieht wie ihr, ihr Yogamattenädchen!!! Euer Dutt sitzt perfekt auf dem Kopf, während einzelne, blonde Haarsträhnen wie zufällig herausfliegen. Diese Strähnen fliegen sensationell in Zeitlupe im Wind, während die Yogamattenmädchen an mir vorbeischweben, mit ihrem Hollandrad oder Fixie, sensationell wie E.T.! Manchmal hört man sogar klassische Musik dazu spielen! Jawohl! Geigenmusik, romantische!
Und manchmal kommt ihr gerade von der Arbeit, ihr Mädchen, von einem 8 Stunden Tag! Und ihr fahrt an mir vorbei mit dem Rad und ihr riecht kein bisschen! Das regt mich auf! Aber immer wenn ich mich aufrege, sage ich mir …
OMMMM, OMMMM, OMMMMM, OMMMMM, OMMMEINGOTT ICH WÄRE GERNE WIE ihr Yogamattenmädchen und alles beginnt wieder an von vorne!
Bei euch fängt der Sonntag ganz früh an, mit einem Schluck Wasser fängt er an, ihr braucht auch nur 5 Stunden Schlaf! Das regt mich auf! Ihr habt nie komische gelbe Sachen in den Augenwinkeln sondern sofort einen perfekten Lidstrich der auf beiden Seiten komplett gleich ist! Dann schnappt ihr euch die Yogamatte und dann geht ihr zum Yoga, jaaaaa. Um 8:15 Uhr beginnt das und ich liege grunzend im Bett. Weil ich weiß, dass ihr lächelnd die Sonnengrüße macht und ich rege mich so auf, dass ihr nie den Bauch einziehen müsst beim Yoga! Denn da ist keiner! Da ist kein Bauch! Und ihr sagt Sachen wie „An meinem Bauch nervt mich, dass er immer so nach innen geht! Als ob ich die Luft anhalte!“ Und ihr lacht wieder euer helles Lachen, ich will es als Klingelton, gebt mir euer Lachen als MP3, ich rege mich schon wieder so auf und dann sage ich mir …
OMMMM, OMMMM, OMMMM, OMMMMM, OMMMMM, OMMMEINGOTT ICH WÄRE WIRKLICH, WIRKLICH GERNE WIE ihr Yogamattenmädchen. Und ihr sagt:
„Ach bei mir ist auch nicht alles perfekt, wenn ich meine Tage habe, bekomme ich immer einen Pickel“ und ich denke nur, bei mir gibt es im Jahr zwei Tage an denen ich KEINE PICKEL habe“ und ich finde euch so schön und plötzlich sieze ich sie alle, jedes einzelne Yogamattenmädchen, weil ich so neidisch bin, ich sieze Yogamattenmädchen, weil ich nur noch mit dem Neid auf Du und Du bin. Ihr tragt Hosen in Pastellfarben und seht nie wie Krankenhauspersonal aus, ihr tragt goldene Sneakers ohne lächerlich zu wirken, ihr habt alles im Griff, euer Geld, eure Haarspitzen, euren Soja-Latte, euer Gewicht! Ihr sagt sowas wie „Komm doch einfach mal vorbei, bei uns gibt’s immer was Leckeres“ und ich komme vielleicht vorbei und es stimmt!!! Immer! Spontan könnte ich klingeln und dann macht ihr die Tür auf und hinter euch sehe ich Berge von frischem Couscous mit Gemüse!! Und wenn ihr das gegessen habt, bläht es nie! Niemals!
Und ich verkrampfe und rege mich auf und sage laut zu mir …
OMMMM, OMMMM, OMMMMM, OMMMMM, OMMMEINGOTT ICH WÄRE WIRKLICH, WIRKLICH GERNE ein Yogamattenmädchen auf Instagram …
Mit den gebräunten Beinen auf den Urlaubsfotos auf Bali und ich klicke mich durch alle Posts bis 2010 und dann like ich ein Bild, auf dem ihr mit euren Eltern zusammen zu sehen seid und ihr umarmt euch und darunter steht „#Family first“ und ich balle meine Faust und klicke mit der FAUST wütend weiter. Ihr sagt Sachen wie „Jaaa ich verstehe mich gut mit meinen Eltern, die sind einfach entspannt und nach 35 Jahren noch immer so verschossen ineinander“ und ich unterdrücke sagen zu wollen, dass meine Eltern aufeinander schießen würden, hätten sie Waffen, aber ich lächle und denke, naaaa – jetzt müsste ich mich eigentlich wieder aufregen, aber ich rege mich dann nicht auf, denn ich sage:
OMMMM, OMMMM, OMMMMM, OMMMMM, OMMMEINGOTT Ja. Ja, ICH WÄRE WIRKLICH, WIRKLICH GERNE ein Yogamattenmädchen. Aber OMMMMM, OMMMMM, OMMMMMHimmels Willen wäre das alles anstrengend. Ich atme ein und atme aus, ich atme ein, ich habe Pickel und mein Dutt sieht aus wie der von einem Samurai-Kämpfer und meine Jeans kneifen. Ich sehe in hellrosa krank aus und ich lebe nicht in einem Dauerwerbespot und ich liebe es, Mais direkt aus der Dose zu essen und dann einen Schluck vom Dosenwasser zu nehmen! Jawohl! Und meine Mutter und mein Vater streiten oft aber ich schreibe alles auf und mache daraus Slam-Gewinner-Texte, die sie lieben! Und ich habe ein Fahrrad – das klappert – aber meine Klappe ist noch viel größer als der Kofferraum eures SUVs, den eure Eltern euch gekauft haben – und ihr macht beim Yoga die Kindspose und ich mache Pupswitze und mir kommt die Milch bei der Nase raus vor lauter Lachen und ihr habt eine Laktoseallergie. Und ich schließe die Augen und sage mir …
OMMMM, OMMMM, OMMMMM, OMMMMM.
Na OMMM schon, Regina. Ein OMMMlett mit Käse wär jetzt genau das richtige. Viel Käse. Und Netflix. Und dann pupse ich. Herrlich.
TEXT-PROBE
ZUrueck zum Tellerrand!
Gutes Essen ist in aller Munde. Wo man sich hinsetzt: Köstliches. Süßkartoffelpommes mit Sesam-Salz sind selbstverständlich. In der Kneipe gibt’s zum Bier leckere Grüße aus der Küche. Und was früher eine versiffte Imbissbude war, ist jetzt ein smarter Food Truck. Das stößt vielen auf.
Wo ist der kulinarische Untergrund?
Der Ex-Restaurantbesitzer Markus Happ (27) aus Hamburg bietet seit einem Jahr kulinarische Stadtführungen der besonderen Art an. Er erzählt: „Ist Ihnen aufgefallen, dass es nur noch leckere Burger in durchgestyltem Ambiente, fantastische Phos und wahnsinnig leckere Salate gibt? Die Qualität des Essens ist so überdurchschnittlich hoch und spitzenreich, dass uns Millennials authentische Esserlebnisse fehlen.“ Er erklärt weiter: „Die durchgängig hohe Qualität lässt eine Wertschätzung gar nicht mehr entstehen. Fehlt bei meinem Quinoa-Salat die kontrastierende Essigsäure, schick ich ihn zurück“ sagt er.
Happ weiter: „Selbst bei unseren Eltern bekommen wir inzwischen wahnsinnig liebevoll zubereitete, vegane Speisen, die mit dem authentischen, schlechten Essen von früher nichts mehr zu tun haben. Das finde ich schade.“
Geschmacklose Erlebnisse für alle.
Und genau in dieser Nische bietet er seine Führungen an: er bringt die Teilnehmer zu verschiedensten, untrendy Locations, an denen sich Geschmacksknospen verschreckt zurückziehen und „Fußnägel aufrollen“, wie der beige-braune Flyer verspricht – auf dem eine völlig zerkochte Kohlroulade in schaurigem Aspikmantel zu sehen ist. Wir finden uns Donnerstagabend in Hamburg ein: Gemeinsam wollen wir zwei Stunden durch die Stadt ziehen. Immer auf der Suche nach dem wahren Ess-Erlebnis. Unser erster Stopp: ein Einfamilienhaus in Norderstedt. Die völlig überarbeitet Mutter Svenja Kahlmann (46) bittet uns eilig herein. „Schuhe anlassen, ich habe nicht geputzt“, ruft sie und weist uns den Weg zum Esstisch. Es riecht bereits vielversprechend leicht verkohlt und überkocht. Wir freuen uns. Der erste Gang hat es bereits in sich und macht die Kosten von € 52 pro Person sofort wett: serviert wird eine Portion weich gekochter Nudeln, die an einem Ende vom Strang sogar noch zusammenkleben. „Fantastisch“, haucht die Teilnehmerin Britta (23), die ein Praktikum bei ein DIY-Wasserfilter-Start-up macht.
Der Food-Wahn kriegt sein Fett weg.
Wir laufen weiter, um an einer schmierigen Pommesbude zu halten: „Hier bin ich vor einem Jahr auf etwas gestoßen, was mich umgehauen hat: in diesem Laden“ – er deutet auf die Bretterbude hinter sich – „gibt es noch ECHTE Pommes. Das Fett wurde seit fünf Jahren nicht mehr gewechselt und gibt genau das Aroma, das man braucht.“ Der Bad-Food-Experte schließt die Augen und steckt sich eine lange, fetttriefende Pommes in den Mund, die ihn prompt verbrüht: „Herrlich, hier stimmt einfach alles“, lacht er und wirft, als wir kurz wegschauen, die restlichen Pommes in den Müll. „Los, wir haben noch einiges vor“, motiviert uns der Guide.
Als Nächstes machen wir Halt in der Kantine der Hamburger Universität. „Hier bekommt man noch Essen, wie man es eigentlich nie essen wollte“, schwärmt Happ und führt uns durch den Hintereingang. Jeder bekommt ein Tablet und los geht’s: Ulla, eine 25-jährige Art Direktorin verfolgt interessiert, wie ein meterlanger Zapfhahn in einen 17 Liter-Eimer Mayonnaise gesteckt wird. Die Gruppe staunt über die unappetitlich vor sich hinköchelnden Speisen auf der Warmhalteplatte. Nur unter Zuhilfenahme von viel Salz ist die „Reispfanne Mexiko“ genießbar – ein Fest für die verwöhnten Gaumen! Als Holger dann auch noch ein altes Pflaster in seinem Salat findet, strahlt die ganze Gruppe.
Der Schimmel auf Erden.
Unsere letzte Station ist eine Reise in die Vergangenheit. „Jetzt wird es richtig authentisch“, schwärmt unser Guide. Er führt uns zu einem grauen Plattenbau. Wir klingeln und ein altes Ehepaar in Pyjamas öffnet. „Was wollen Sie??“ schnarrt die Frau uns entgegen. Unser Guide klärt auf: „Wir sind vom kulinarischen Spaziergang für Ungenießer!!“ brüllt er den Greisen entgegen. „Na dann …“, murmelt die Frau missmutig. „Was gibt’s denn heute Schönes?“, plärrt unser Guide den Alten ins Ohr. „Wir haben noch Wurst-Reste, dazu gibt’s altes Brot. Und irgendwo waren noch Gürkchen und abgelaufene Silberzwiebelchen … ah hier“, nuschelt der Mann, fischt mit seinen Fingern die Leckereien aus dem Glas und verteilt sie an die begeisterten Bad-Foodies. Unter den mürrischen Blicken der Alten nimmt die Gruppe das Abendmahl ein, während der Fernseher laut scheppert. So schlecht haben alle schon lange nicht mehr gegessen. „Ein toller Abend“, lacht Mike, „das Essen war eindeutig furchtbarer als jede durchschnittliche Chia-Kimchi-Bowl“, freut er sich. „Beim nächsten Mal sind wir garantiert wieder dabei“, stimmen wir alle mit ein und prosten uns mit lauwarmem Bier aus kalkbefleckten Gläsern herzlich zu.
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